Seit der Biber wieder in Deutschland ist spaltet er die Gemüter (Foto: Pixabay) |
Der Biber ist zurück und streng geschützt
1867 wurde der letzte bayrische Biber getötet. Somit galten diese Tiere 133 Jahre lang als ausgerottet. Heute ist er EU-weit eine besonders streng geschützte Art und die Mitgliedsländer haben sich verpflichtet, den Biber und seine Lebensräume aktiv zu sichern und zu fördern. Als geschützte Art unterliegt der Biber nicht dem Jagdrecht, sondern dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), ergänzt durch durch eine ArtenschutzrechtlicheAusnahmeverordnung (AAV) der Bayerischen Staatsregierung zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit. Verantwortlich für die Umsetzung dieser Regelwerke sind in Bayern die unteren Naturschutzbehörden an den Landratsämtern.Nach Aussage des Bund Naturschutz e.V. gibt es den Biber seit dem Jahr 2000 wieder im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Der Bestand ist hier seither auf 110 Reviere angewachsen. Verluste durch illegale Tötung liegen laut Schätzung des BN bei rund zehn Prozent des Bestandes. Zusätzlich gibt es eine hohe Anzahl von Fällen des illegalen Abbaus von Biberdämmen. Seit der Biber sich seinen natürlichen Lebensraum wieder zurückerobert sorgt, er für aufgeheizte Gemüter. Bei Land- und Forstwirten, sowie Fischern und Anglern erfreut er sich besonders geringer Beliebtheit. Wo ein Biber lebt, ist durch seine wasserstauenden Dammbauten, seine Gehölzaktivitäten und das Bauen von Höhlen klar ersichtlich. Da der Biber ist ein reiner Herbivor ist und ernährt er sich am liebsten von Pflanzen, wie zum Beispiel Gräsern und Wildkräutern. Dadurch fällt seine Aktivität im Sommer deutlich weniger auf. Im Winter muss er aber vor allem auf Baumrinde zurückgreifen und beschädigt somit Bäume in der Umgebung seines Reviers. "Der Biber kann Schäden verursachen wie jedes Wildtier, tatsächliche oder auch solche, die nur im Auge des Betrachters liegen." argumentiert dazu der BN.
Ob der Biber so unbeliebt ist, weil er ein Veganer ist? |
Was von den "Bibergegnern" aber leider in vielen Fällen ignoriert oder zumindest nicht außreichend berücksichtigt wird ist, dass der Biber ein "Landschaftsarchitekt" und somit ein Motor der Artenvielfalt ist. Aktionsräume des Bibers führen zu nachgewiesener Verbesserung des Lebensraums von gefährdeten Arten bei Insekten, Amphibien und Vögeln. Vom Biber verursachte Tothölzer in Gewässern entwickeln sich zu Kinderstuben von Jungfischen. Dadurch schafft der Biber echte Natur und wilden Lebensraum in dem sich Flora und Fauna wieder ursprünglicher entwickeln können. Diese Beobachtungen wurden bereits auch von verschiedenen Studien bestätigt (zum Beispiel: Forest Ecology and Management "Beaver-created deadwood dynamics in the boreal forest" oder Science of The Total Environment "Can beaver impact promote river renaturalization? The example of the Raba River, southern Poland")
Viele Menschen scheinen jedoch nicht über dieses Wissen zum Thema Biber zu verfügen oder es ist ihnen im Angesicht der oft nur kosmetischen Schäden in Wäldern nicht so wichtig. Zwar schaffen Menschen selbst Biotope, aber es erscheint einem oft, als sollte sich Natur nur dort frei entfalten dürfen, wo es vom Menschen gerade auch erwünscht oder eher toleriert wird. Wirtschaftliche Interessen wiegen für einige Leute wohl schwerer als Artenvielfalt und eine gesunde Natur. "Die Dynamik von Klima-, sozialem und wirtschaftlichem Strukturwandel stellt uns zunehmend vor größte Herausforderungen, insbesondere auch in der Landnutzung. Teil dieses Wandels ist ein dramatischer Schwund an Arten und Individuen wildlebender Tierarten, auch in Zusammenhang mit Lebensraumverlusten." heißt es dazu treffend in einer Stellungnahme des Bund Naturschutz.
Genehmigung zur Entnahme in Seehausen erteilt
In der Region um und am Stafflesee bei Murnau, Seehauen und Uffing im Landkreis Garmisch-Partenkirchen im Bezirk Oberbayern leben ebenfalls seit ca. 18 Jahren wieder Biber. Das erste Revier siedelte sich in der Achmündung an. Seit dem hat sich die Zahl der Reviere auf ca. 12 gesteigert. Das Gebiet rund um den Staffelsee mit seinen angrenzeden Mooren ist zum großen Teil Naturschutzgebiet. Sehr passend also, dass der ebenfalls geschützte Biber sich hier wohlfühlt und fleißig vermehrt. Es ist schließlich ein idealer Lebensraum für ihn: Wasser, Wald und wenig Besiedlung.kleine Karte des Staffelsees (Quelle: Gemeinde Seehausen am Staffelsee) |
Doch von Bürgerseite der Gemeinden Seehausen und Uffing regt sich mittlerweile heftiger Wiederstand gegen die geschützten Tiere. Die Gemeinden klagen über eine "Überpopulation" der Tiere und einem damit verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Schaden an alten Baumbeständen und eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch beschädigte Bäume an Spazierwegen. Laut Aussagen der Anwohner "steht fast kein Baum mehr" auf der Insel Wörth. Der Druck auf das Landratsamt Garmsich-Partenkirchen ist groß, denn die Gemeinden verlangen eine Dezimierung des Bestands um noch größeren Schaden zu vermeiden. Diese kann nur durch "Entnahmen", also das Fangen und Töten der Tiere erfolgen. Am 10.01.2018 fand dazu eine Besprechung statt und das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen erteile die Genehmigung zur Tötung von Bibern in den Bereichen am Staffelsee-Südufer entlang des Seewaldwegs, die noch nicht zum Naturschutzgebiet zählen. In dieser Region befinden sich mindestens zwei Reviere. Weitere Gebiete sind noch in Diskussion, obwohl ein großer Teil in und um das Gewässer zum Naturschutzgebiet gehört.
Wie sieht es am Staffelsee tatsächlich aus?
Schadensaufnahme der Gemeinde Seehausen |
Die Berufsfischerei beklagt zusätzlich, dass sich Biber in ihren Aal-Reusen (Netzen) verheddern und diese damit stark beschädigen. Viel wichtiger erscheint mir dabei, dass die Tiere dabei qualvoll ertrinken (?!). Biber haben zwar für Säugetiere einen sehr langen Atem, müssen aber trotzen nach ca. 20 Minuten wieder Luft holen. Neun Tiere sollen so bisher den Tod gefunden haben. Besonders bedenklich finde ich dabei, dass diese Reusen nicht für heimische Fischarten gedacht sind, sondern für extra eingeführte Aale. Ein wirtschaftlich sehr wertvoller da ergiebiger Fisch, aber für die Natur äußerst bedenklich. Aale gelten als Laichräuber und minimieren damit die einheimischen Fischbestände. Dass eine solche Fischerei in einem Naturschutzgebiet stattfindet sollte ebenfalls überdacht werden.
"Baum fällt" so sieht das Werk eines Bibers aus |
Biber sind sehr Reviertreue Tiere, die maximal in kleinen Familien leben. Gerechnet wird pro Revier mit Durchschnittlich 3,5 Tieren. "Es gibt keine Überpopulation an Bibern. Die Art ist da und regelt sich selbst. So wie es in der Regel jede Art tut. Mit Überpopulation ist gemeint, dass die Aktivität so deutlich wird, dass man sich bedrängt fühlt. Das ist keine fachliche Grundlage, sondern mehr ein persönlicher Eindruck der Situation." So Martin Kleiner vom Bund Naturschutz. Rund um den Staffelsee gibt es ca. 12 Biberreviere, wenn man von der Durchschnittlichen Anzahl von Tieren ausgeht, dann kommt man auf ca. 42 Tiere. In der Gemeinde Seehausen kursieren allerdings die Zahl 100 zum Bestand der Tiere. Ob diese mutwillig in die Höhe getrieben wurden, oder die Zuständigen es einfach nicht besser wissen, bleibt reine Spekulation. Eine explosionsartige Vermehrung der Tiere ist jedoch nicht zu erwarten, von einem Revier im Jahr 2000 auf zwölf Reviere achtzehn Jahre später ist immerhin weit davon entfernt.
links Schaden Biber an einer Buche
rechts Schaden Mensch an einer Eiche
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Zusätzlich stehen in Deutschland "natürliche" Jäger wie Wolf, Luchs und Fuchs ganz oben auf der Abschussliste. Seltsam, dass Tiere, die die Bestände nach weitläufiger Meinung dezimieren könnten, ebenfalls keine gern gesehenen Gäste sind. Dass die Natur sich nicht selbst regulieren soll, sondern dass der Mensch immer wieder bewusst eingreifen will erscheint vielen Tierschützern bereits nur als Vorwand, für das Vernichten von Konkurrenz. Doch die Regierung zieht hier meist mit. So wurde mit dem Koalitionsvertrag der neuen Regierung in Berlin von oberste Stelle ein Todesurteil für viele neu angesiedelte Wölfe in Deutschland erteilt. Beobachtungen in Ostdeutschland zeigen immerhin, dass ca. 6 - 8 % der Nahrung des Wolfes Biber sind. Doch viel wichtiger ist bei dieser Diskussion, dass nicht der Beutegreifer die Beute reguliert, sondern andersherum. Beziehungsweise, dass Arten sich selbst regulieren und unter Bejahung die Bestände eher noch ansteigen. "Studien in der Schweiz haben gezeigt, dass sich der Wildbestand von selbst reguliert und ein Level erreicht, das vom Ökosystem getragen werden kann." (Quelle: WDR "Quarks")
Für die Forstwirtschaft abgeholzte Bäume |
Ein vom Biber gründlich abgenagter Baum |
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